Geschichte verpflichtet. Uns besonders. Warum, muss ich hier sicher nicht weiter ausführen. Hoffentlich. Seit Wochen und Monaten sehe ich mit Sorge, dass immer mehr Menschen dies vergessen haben. Oder - noch schlimmer - dies offen ignorieren. Denn aus persönlichen Gründen, wie nachvollziehbar diese sein mögen oder auch nicht, gehen sie auf die Straße. Das allein, ist nicht das Problem. Im Gegenteil. Das ist demokratisches Recht. Viele aber schließen sich Rechtsextremen an. Hier bei uns sind das hauptsächlich die Freien Sachsen. Die missbrauchen die Sorgen der Menschen, um eigene Ziele zu verfolgen. Nämlich nichts weniger, als unsere freiheitliche Grundordnung zu zerstören.
Ich habe lange verteidigt, dass Menschen dies möglicherweise zu leichtfertig tun. Weil viele nicht darüber nachdenken, bei wem sie sich einreihen. Weil Sie gar nicht wissen, wer hier organisiert. Ich bin deshalb immer dafür eingetreten, dass man nicht alle über einen Kamm scheren kann, die hier mitlaufen. Nicht jeder Mensch ist politisch, kann einordnen, wer hier, welche Ziele anstrebt.
Inzwischen ist ausreichend transparent, woher der Wind weht. Und eben deshalb kann man sich heute nicht einfach weiter als ahnungslos herausreden. Und macht sich deshalb gemein mit denen, die hier vornweg gehen. Ob man es will, oder nicht. Das ist die Verantwortung, die jeder Bürger trägt. Für sich und sein Tun. Und das spricht Euch nicht das Recht ab, gegen etwas zu sein. Aus persönlicher Betroffenheit oder wie auch immer. Diese beiden Fragen zu vermischen und daraus dieses gruselige und vergiftende Diktaturgeschwurbel zu machen, das ich nun immer wieder höre und wie es eure rechten falschen Freunde gern es tun, ist falsch! Jeder kann hier sagen, was er denkt. Jeder kann auf die Straße gehen, um dafür zu streiten. Aber jeder hat dabei die Pflicht zu klären, in wessen Dienst er sich damit stellt. Und jeder sollte vorher auch mal prüfen, welche Wege es sonst noch gibt, seine Sorgen zu lösen. Denn auch die gibt es.
Und an jene, die systematisch Wut und Sorgen der Menschen für ihre Zwecke missbrauchen:
Ihr seid armseelig. Etwas anderes fällt mir dazu nicht ein? Warum?
Weil ihr gezielt Geschichte negiert. Euch lachend über historisches Leid hinweg setzt.
Ihr demonstriert am Holocaust-Gedenktag, brüllt Euren Anti-Impf-Egoismus an einem solchen Tag aufs Pflaster. Brüllt gegen eine angeblichen Diktatur, die so furchtbar ist, dass Sie Euch dennoch straffrei gewähren lässt. Während die schweigende Mehrheit an diesem Tag der Millionen Opfer einer Diktatur gedenken, die von deutschem Boden ausging.
Ihr lauft an dem Tag, an dem ein beispielloser Angriffskrieg beginnt, Menschen sterben und eine Zeitenwende für die längste Friedensperiode und Unheil für ganz Europa droht. Und ihr? Strebt gegen Sicherheitsmaßnahmen, die Menschen geschützt und vor dem Tod bewahrt haben und bald ohnehin Geschichte sind. Die dafür da waren, Leben zu retten. Nicht um Menschen zu unterwerfen, wie ihr es immer wieder behauptet.
In Russland demonstrieren Menschen zeitgleich unter Lebensgefahr gegen diesen Krieg. Und werden dafür verhaftet. Zu Hunderten. In einem Land, dessen Lied ihr singt. An dessen Spitze ein lügender Diktator steht, der einem frei gewählten Präsidenten jüdischer Abstammung, der selbst Familie im Holocaust beklagen muss, einen Nazi nennt.
Wer bei Euch mitläuft. Wer diese Spaziergänge auch nur akzeptiert. Der kann sich spätestens jetzt nicht mehr davon freisprechen, dies mindestens zu tolerieren. Wenn nicht mehr. Jeder kann selbst entscheiden. Aber wundert Euch nicht, wenn dies keine Nachricht mehr erfahren wird.
Ihr, die ihr die Menschen in ihrer Wut einfangt. Ihr, die ihr mit Sorgen und Ängsten der Leute spielt. Ihr seid keine Freien Sachsen. Ihr seid egoistische, menschenverachtende und antidemokratische Rechtsextreme. Die nicht nur, keine wirklichen Lösungen anbieten können oder dies auch nur wollen. Sondern zudem noch unter der Wahnvorstellung leiden, für Hass, Hetze und separatistische Allmachtsgedanken eine Mehrheit zu bekommen.
Das aber wird nicht passieren.
Die Mehrheit ist angewidert von Euch. Die Mehrheit hat aber auch Angst vor Euch. Hat noch immer Angst, sich mit Namen und Gesicht Euch entgegen zu stellen. Die Folge einer Diktatur, die wir gemeinsam besiegt haben. Aber Geschichte kann man eben nicht so einfach abschütteln. Aber glaubt nicht, dass jeder, der schweigt ein Unterstützer ist. Im Gegenteil. Die Wahrheit ist einfach: Ihr seid vielleicht laut. Ihr seid aber nicht wir. Und wir sind vielleicht keine homogene, marschierende Masse. Wir haben auch unsere Sorgen, unsere Kritik und den Wunsch, dass sich viele Dinge verändern. Aber wir arbeiten an Lösungen, statt zu krakeelen. Wir streiten für bessere Kompromisse für uns alle. Wir haben etwas gegen Hetze, gegen rechtsradikale, platte Parolen und gegen Gewalt. Wir haben etwas gegen alle, die unsere Demokratie beschädigen wollen. Wir haben vielleicht andere Ideen, dafür einzutreten, dies zu erreichen. In Summe aber wollen wir eines: Ein gutes, friedliches Miteinander für möglichst viele Menschen. So, wie es die Demokratie vorsieht. Denn diese spricht die Sprache der Mehrheit.
Und die sind wir.
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